Das AKP-EG-Partnerschaftsabkommen von Cotonou

DER AKTUELLE BEGRIFF 02.03.2001

Am 23. Juni 2000 unterzeichneten die Europäische Gemeinschaft und ihre 15 Mitgliedstaaten sowie insgesamt 71 Entwicklungsländer in Afrika, im Karibischen Raum und im Pazifischen Ozean (AKP-Staaten) in Cotonou (Benin) das neue AKP-EG-Partnerschaftsabkommen.

Mit der Unterzeichnung dieses Abkommens setzt sich eine inzwischen mehr als 25-jährige Tradition der Zusammenarbeit und Partnerschaft zwischen der EG und Ländern der Dritten Welt fort, an deren Beginn 1963 das Jaunde-Abkommen stand. Auf multilateraler Basis unterstützte damals die EWG mit Mitteln aus dem Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) Projekte vor allem in Afrika, hauptsächlich in den ehemaligen französischen und belgischen Kolonien. Nach dem Beitritt Großbritanniens zur EG wurden 1975 im später mehrmals erneuerten Lomé-Abkommen vormalige britische Kolonien in Afrika, in der Karibik und im Pazifik in die Entwicklungszusammenarbeit einbezogen.

Die in der Folgezeit unterzeichneten 3 weiteren Lomé-Abkommen garantierten den AKP-Staaten Handelspräferenzen, erleichterten ihren Zugang zum Gemeinsamen Markt bzw. Binnenmarkt und führten einen Preisstabilisierungsmechanismus für bestimmte Produkte ein, dessen Ziel es war, die Exporteinnahmen zu sichern. Zwischen 1975 und 2000 stellte der Europäische Entwicklungsfonds den AKP-Staaten Mittel in Höhe von 40 Mrd. Euro zur Verfügung.

Nach dem Ende des Ost-West-Gegensatzes und vor dem Hintergrund der Festlegung neuer WTO-Handelsregelungen, dem bevorstehenden Beitritt neuer Mitglieder zur EU, den Folgen des Globalisierungsprozesses und der Tatsache, dass der wirtschaftliche Fortschritt in den meisten Entwicklungsländern weit hinter den ursprünglichen Erwartungen zurückblieb, vereinbarten die EG und die AKP-Staaten, dass bis zum Jahr 2000 gültige Lomé IV-Abkommen nicht mehr zu verlängern, sondern ein gänzlich überarbeitetes Partnerschaftsabkommen abzuschließen.

Ziel dieses neuen "Abkommens von Cotonou" ist es, wie es im Vertragstext heißt,

  • erstens einen Beitrag "zu Frieden und Sicherheit und zur Förderung eines stabilen und demokratischen Umfelds" zu leisten",
  • zweitens "die wirtschaftliche, kulturelle und soziale Entwicklung der AKP-Staaten zu fördern und zu beschleunigen" und
  • drittens "im Einklang mit den Zielen der nachhaltigen Entwicklung und der schrittweisen Integration der AKP-Staaten in die Weltwirtschaft die Armut" einzudämmen und schließlich zu besiegen.

Das Cotonou-Abkommen stellt wie seine Lomé-Vorläufer einerseits ein multilaterales Handels- und Entwicklungsabkommen dar, das Präferenzzölle mit technischer und finanzieller Hilfe verknüpft. Die AKP-Staaten werden mit der EG assoziiert und erhalten erhebliche Handelsvorteile bei der Ausfuhr von Gütern und Waren sowie Finanzhilfen.

Etwa 99 % der gewerblichen, agrarischen und mineralogischen Produkte können weiterhin zollfrei in die EG eingeführt werden; demgegenüber unterliegen aus der EG stammende Produkte in den AKP-Staaten weiterhin nichtdiskriminierenden Zöllen. Um den betroffenen Ländern eine erhöhte Planungssicherheit zu geben, wurde die Laufzeit des Abkommens statt wie zuvor auf 5 bzw. 10 Jahre, nun auf 20 Jahre ausgedehnt.

Im Bereich der Handelsfragen einigten sich die EG und die AKP-Staaten darauf, eine WTO- konforme Neuregelung abzuschließen, die die bisherigen einseitigen Marktpräferenzen durch im Jahre 2008 in Kraft tretende, regionale Wirtschaftspartnerschaften ersetzt. Die Verhandlungen dazu sollen 2002 beginnen. In einer Vorbereitungsphase sollen die Märkte stufenweise und symmetrisch geöffnet werden. Ziel ist es, die günstige Wettbewerbsposition von AKP-Staaten auf dem Binnenmarkt zu erhalten. Andererseits konzentriert sich das neue Abkommen stärker als seine Lomé-Vorläuferabkommen auf die Bekämpfung der Armut und die Förderung der sozialen Entwicklung.

Schon Lomé IV enthielt Vereinbarungen zum Schutz der Menschenrechte, über die Cotonou noch wesentlich hinausgeht. So vereinbarten die Vertragsparteien eine Stärkung des politischen Dialogs und der verantwortungsvollen Regierungsführung mit der Möglichkeit der Aussetzung der Entwicklungszusammenarbeit in Fällen schwerer Korruption und bei Verstößen gegen die Menschenrechte und rechtsstaatliche Prinzipien.

Eine weitere zentrale Neuerung im Cotonou-Abkommen stellt das Prinzip der pluralistischen Partnerschaft dar, in der neben den bisher dominierenden staatlichen Akteuren auch private Gruppen und Nicht-Regierungsorganisationen in die Entwicklungszusammenarbeit eingebunden werden. Dazu heißt es im Vertragstext: "Die Partnerschaft steht nicht nur der Staatsregierung als wichtigstem Partner, sondern einer ganzen Reihe weiterer Akteure offen, damit die Integration aller Teile der Gesellschaft, einschließlich der Privatwirtschaft und der Organisationen der Zivilgesellschaft, in das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben gefördert wird."

Eine stärkere Beachtung der Grundsätze der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau ergänzt das neue Entwicklungshilfekonzept.

Das bisherige komplizierte Instrumentarium des Lomé-Abkommens mit seinen unterschiedlichen Fördertöpfen wird auf einen Haushaltstitel für Zuschüsse und Investitionen reduziert und die Unterstützung von kurzfristigen Schwankungen der Exporterlöse (STABEX und SYSMIN) in einer entwicklungsverträglicheren Form und ohne strukturkonservierende Auswirkungen gegeben. Mittels eines besseren Monitoring und Controlling sollen Erfolge und Fehlentwicklungen eher als bisher erkannt werden.

Die finanzielle Ausstattung des neuen Partnerschaftsabkommens sieht zunächst für den Zeitraum von 2000 - 2005 bis zu 13, 8 Mrd. Euro vor. 1 Mrd. Euro aus bisher nicht verplanten Mitteln des EEF sollen für die Finanzierung eines multilateralen Schuldenerlas- ses für die am höchsten verschuldeten armen Staaten eingesetzt werden.

Quellen:
Partnerschaftsabkommen zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im Karibischen Raum und im Pazifischen Ozean und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits, unterzeichnet in Cotonou am 23. Juni 2000, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, L 317, 42. Jahrgang, 15. Dezember 2000, S. 3 354.
Uwe Holtz: Partnership for the 21 st Century. A Preliminary Assessment of the EU-ACP Agreement, in: Development and Cooperation, Nr. 2/ 2000, S. 8-12.

Bearbeiter: VA Dr. Jörg Schneider, Fachbereich XII Europa, Tel.: 26 999 854