Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - Drucksache 14/8714 - 28. 03. 2002

Schriftliche Fragen mit den in der Zeit vom 18. bis 28. März 2002 eingegangenen Antworten der Bundesregierung


< Auszug mit den Fragen und Antworten Madagaskar betreffend >

Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts

1. Abgeordneter Dr. Karl-Heinz Hornhues (CDU/CSU):

Ist die Bundesregierung gewillt, die Selbsternennung des offenbar mit absoluter Mehrheit gewählten madagassischen Oppositionspolitikers Marc Ravalomanana zum neuen Staatspräsidenten Madagaskars zu akzeptieren?

Antwort des Staatsministers Dr. Ludger Volmer vom 19. März 2002

Ausgelöst durch die sehr wahrscheinlichen Wahlmanipulationen der Regierung im ersten Wahlgang hat sich in Madagaskar eine regierungskritische Bewegung in der Bevölkerung entwickelt, die nach längerer Unzufriedenheit nun ihre radikale Abkehr von der alten Führungselite erklärt hat.

Der Oppositionskandidat Marc Ravalomanana, verdienstvoller Bürgermeister von Antananarivo, hat diese ihn unterstützende Bewegung nach Kräften gefördert. Damit hat er aber gleichzeitig, trotz persönlicher (im Gespräch mit den EU-Botschaftern immer wieder geäußerter) Kompromissbereitschaft seinen politischen Bewegungsspielraum eingeengt und hat sich letztlich entschlossen, die eigene Machtübernahme anzukündigen (20. Februar 2002) und sich am 22. Februar 2002 selbst zum Präsidenten zu erklären.

Mit der Vereidigung vor einem nicht zuständigen Richtergremium hat sich Marc Ravalomanana verfassungsrechtlich außerhalb der Legalität gestellt. Demgegenüber kann sich Präsident Didier Ratsiraka zumindest formell auf die Verfassung berufen, allerdings wurden die rechtlich relevanten Beschlüsse (Verfassungsgerichtsbeschlüsse zum Endergebnis des ersten Wahlgangs und Frist für einen zweiten Wahlgang) von Anhängern eindeutig parteiisch zu seinen Gunsten gefasst.

Vieles spricht dafür, dass Marc Ravalomanana im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreicht hat, dies wird sich aber nicht mehr zweifelsfrei nachweisen lassen.

Die Bundesregierung bedauert, dass durch die unnachgiebige Haltung des formell noch im Amt befindlichen Präsidenten Didier Ratsiraka und die de facto Machtübernahme durch den Gegenpräsidenten Marc Ravalomanana eine überaus schwierige innenpolitische Lage geschaffen wurde.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/8714 – 1 –

2. Abgeordneter Dr. Karl-Heinz Hornhues (CDU/CSU):

Beabsichtigt die Bundesregierung, entsprechend dem im Juni 2000 in Cotonou unterzeichneten Abkommen zwischen der EU und den AKP-Staaten (AKP = Länder im afrikanischen, karibischen und pazifischen Raum), geeignete Maßnahmen beim Verstoß gegen die Prinzipien verantwortungsvoller Regierungsführung, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte gegen Madagaskar einzuleiten?

3. Abgeordneter Dr. Karl-Heinz Hornhues (CDU/CSU):

Was beabsichtigt die Bundesregierung zu tun, die Demokratisierung Madagaskars weiter zu unterstützen und zu stabilisieren?

Antwort des Staatsministers Dr. Ludger Volmer vom 19. März 2002

Die EU hat sich nachhaltig in zwei Erklärungen (SEC 0371 und 0351) vom 22. und 25. Februar 2002 zur Lage in Madagaskar geäußert. Sie hat alle Seiten zur Wiederaufnahme des politischen Dialogs mit dem Ziel einer friedlichen und demokratischen Lösung aufgerufen. Im Rahmen des Treffens der EU-Afrika-Arbeitsgruppe am 5. März 2002 haben sich die Partner dafür entschieden, laufende Vermittlungsbemühungen der OAU (Organization of African Unity) und der VN vor Ort aktiv zu unterstützen (Deutschland vertritt lokal die EU-Präsidentschaft).

Insbesondere erscheint die Vermittlung der OAU unter der Leitung des früheren kapverdischen Präsidenten Antonio Mascarenhas Moteiro geeignet, einen Weg aus der eingetretenen Pattsituation zu finden. Erleichtert wird dies dadurch, dass der Generalstreik und die Demonstrationen noch immer friedlich verlaufen, die Ordnungskräfte nicht eingreifen und die Armee sich offenbar neutral verhalten will.

Darüber hinaus erwägt die EU derzeit auch einen Vorschlag des Europäischen Parlaments, das sich für die Entsendung einer EU-Troika ausgesprochen hat.

Die Frage nach möglichen Maßnahmen im Rahmen des Cotonou-Abkommens wird gegebenenfalls im Lichte der weiteren Entwicklung zu entscheiden sein.

4. Abgeordneter Rudolf Kraus (CDU/CSU):

Welche Position bezieht die Bundesregierung zu Verlauf, Ergebnis und verfassungsgerichtlicher Bewertung der Parlamentswahlen vom 16. Dezember 2001 in Madagaskar?

5. Abgeordneter Rudolf Kraus (CDU/CSU):

Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass der Oppositionskandidat Marc Ravalomanana sich nach gescheiterten Vermittlungsbemühungen der Organisation für Afrikanische Einheit im Februar zum Präsidenten proklamiert und inzwischen eine Regierung ernannt hat?

Antwort des Staatssekretärs Jürgen Chrobog vom 26. März 2002

Ausgelöst durch die sehr wahrscheinlichen Wahlmanipulationen der Regierung im ersten Wahlgang hat sich in Madagaskar eine regierungskritische Bewegung in der Bevölkerung entwickelt, die nach längerer Unzufriedenheit nun ihre radikale Abkehr von der alten Führungselite erklärt hat.

Der Oppositionskandidat Marc Ravalomanana, verdienstvoller Bürgermeister von Antananarivo, hat diese ihn unterstützende Bewegung nach Kräften gefördert. Damit hat er aber gleichzeitig, trotz persönlicher (im Gespräch mit den EU-Botschaftern immer wieder geäußerter) Komprimissbereitschaft seinen politischen Bewegungsspielraum eingeengt und hat sich letztlich entschlossen, die eigene Machtübernahme anzukündigen (20. Februar 2002) und sich am 22. Februar 2002 selbst zum Präsidenten zu erklären.

Mit der Vereidigung vor einem nicht zuständigen Richtergremium hat sich Marc Ravalomanana verfassungsrechtlich außerhalb der Legalität gestellt. Demgegenüber kan sich Präsident Didier Ratsiraka zumindest formell auf die Verfassung berufen, allerdings wurden die rechtlich relevanten Beschlüsse (Verfassungsgerichtsbeschlüsse zum Endergebnis des ersten Wahlgangs und Frist für einen zweiten Wahlgang) von Anhängern eindeutig parteiisch zu seinen Gunsten gefasst.

Vieles spricht dafür, dass Marc Ravalomanana im ersten Whalgang die absolute Mehrheit erreicht hat, dies wird sich aber nicht mehr zweifelsfrei nachweisen lassen.

Die Bundesregierung bedauert, dass durch die unnachgiebige Haltung des formell noch im Amt befindlichen Präsidenten Didier Ratsiraka und die de facto Machtübernahme durch den Gegenpräsidenten Marc Ravalomanana eine überaus schwierige innenpolitische Lage geschaffen wurde.

6. Abgeordneter Rudolf Kraus (CDU/CSU):

Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung über die Meldung, seit einigen Tagen fänden von der bisherigen Regierung organisierte Kommandoaktionen zur Ermordnung von Unterstützern des selbstproklamierten Präsidenten Marc Ravalomanana statt?

Antwort des Staatssekretärs Jürgen Chrobog vom 26. März 2002:

Die Bundesregierung besitzt darüber keine Erkenntnisse.

7. Abgeordneter Rudolf Kraus (CDU/CSU):

Welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung hieraus in außen- und entwicklungspolitischer Hinsicht, insbesondere in Koordination mit den anderen EU-Mitgliedstaaten, zu ziehen?

Antwort des Staatssekretärs Jürgen Chrobog vom 26. März 2002

Die EU hat sich nachhaltig in zwei Erklärungen (SEC 0371 und 0351) vom 22. und 25. Februar 2002 zur Lage in Madagaskar geäußert. Sie hat alle Seiten zur Wiederaufnahme des politischen Dialogs mit dem Ziel einer friedlichen und demokratischen Lösung aufgerufen.

Im Rahmen des Treffens der EU-Afrika-Arbeitsgruppe am 5. März 2002 haben sich die Partner dafür entschieden, laufende Vermittlungsbemühungen der OAU und der VN vor Ort aktiv zu unterstützen (Deutschland vertritt lokal die EU-Präsidentschaft).

Insbesondere erscheint die Vermittlung der OAU unter der Leitung des früheren kapverdischen Präsidenten Antonio Mascarenhas Moteiro geeignet, einen Weg aus der eingetretenen Pattsituation zu finden. Erleichtert wird dies dadurch, dass der Generalstreik und die Demonstrationen noch immer friedlich verlaufen, die Ordnungskräfte nicht eingreifen und die Armee sich offenbar neutral verhalten will.

Darüber hinaus erwägt die EU derzeit auch einen Vorschlag des Europäischen Parlaments, das sich für die Entsendung einer EU-Troika ausgesprochen hat. Die Frage nach möglichen Konsequenzen auf EU-Ebene (Cotonou-Abkommen) und für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit wird gegebenenfalls im Lichte der weiteren Entwicklung und in enger Abstimmung mit unseren EU-Partnern zu entscheiden sein.

Anmerkung: Bei den gleichlautenden Antworten des Staatsministers Volmer vom 18.03.2002 und des Staatssekretärs Chroborg vom 26.03.2002 handelt es sich nicht etwa um einen Fehler bei der Übernahme des Textes.. Sie wurden so in der Drucksache 14/8714 veröffentlicht.